Archiv

Die erste Saisonhälfte 2006 mit feurigem Abschluss….

 

Zwei neue Kuppelstangenlager (mittlere Triebachse) einbauen, 24 Überhitzerelemente ausbauen, prüfen, einbauen, Triebradsatz überdrehen in Oberburg, Adamsachse ausbauen, reprofilieren (Spiez, Bönigen), daneben die üblichen Winterwartungsarbeiten: Feuerbüchse reinigen, ca. 2000 Stehbolzen ausbohren, Feuerrost ausbauen, reinigen, einen neuen Feuerschirm einbauen, Kesselrohre reinigen, diverse Ventile ausbauen, aufarbeiten, einbauen, dazu unzählige zeitaufwändige Kleinigkeiten. Der frostige Winter (ungeheiztes Depot) machte die Arbeit nicht einfacher und die Zeit bis zur erfolgreichen Probefahrt am 5. Mai 2006 verstrich im Nu.

Der verbleibende Monat Mai diente der Detailpflege um am 1. Juni 06 die 01 202 für die Pfingstfahrt mit den Ulmer Eisenbahnfreunden nach Chur anzuheizen. Bereits am Freitagnachmittag verliess die 01 202 als Lokzug Lyss um nach problemloser Fahrt durch den (neuen) Hauensteintunnel und Abdrehen der Lok in Basel pünktlich in Haltingen anzukommen. Von unseren deutschen Kollegen der Eurovapor wurden wir freundlich willkommen geheissen. Auch Klaus Attenberger, unser Kohlelieferant aus Heilbronn, wartete bereits. Nach ziemlich genau 31 Jahren verbrachte die 01 202 wieder eine Nacht an dem Ort, wo sie damals (Frühling bis Oktober 1975) darauf wartete, in die Schweiz gebracht zu werden, um schliesslich wieder zu neuem Leben zu erwachen. Am Samstag verliessen wir Basel Bad. Bhf. Pünktlich um 14.08 mit dem Zug der UEF. Zügig ging es den Rhein entlang bis zu einem nicht fahrplanmässigen Halt in Stein-Säckingen: Die Heissläufermeldeanlage hat, wie bei Dampflok üblich, angesprochen! Was normalerweise mit einem kurzen Telefongespräch geklärt werden kann, dauerte diesmal aus unbekannten Gründen fast eine halbe Stunde. Interessanterweise kann die Messstelle bei der 01 202 und andern Dampfloks heisslaufende Lager gar nicht feststellen, da die Lager im Lokrahmen liegen und nicht ausserhalb der Räder, wo die Temperatur gemessen wird. Für die Lokmannschaft mit Heizer Urs Bösch war die Situation recht ungemütlich, hatten sie doch Feuer und Druck am Limit, um die nach Stein-Säckingen beginnende, ca. 12km lange 12‰-Rampe hinauf zum Bözbergtunnel mit 60 km/h bewältigen zu können. Die Sicherheitsventile bliesen ab, Dampf musste zusätzlich abgelassen werden, das weiss glühende Feuer drohte den Feuerrost auszuglühen, da im Stillstand wenig kühlende Luft angesaugt wurde. Der Rost musste z.T. vom Feuer befreit werden. Trotz angestellter Aschkastenspritze dürfte die in den Aschekasten gefallene glühende Kohle der Grund für die verbogenen Aschekastenklappen sein… Nun, nach einer halben Stunde wechselte das Signal auf grün und für Lokführer Kurt Rebmann und Heizer Urs Bösch galt es jetzt unter erschwerten Bedingungen die eingehandelte Verspätung aufzuholen. Thalwil erreichten wir, auch dank beweglichen Fahrdienstleitern, bereits wieder fahrplanmässig. In Rapperswil kam es nach dem Kohle- und Wasserfassen zum Fotoshooting der beiden Stars 01 202 und Krokodil Be 6/8 13302. Ohne Zwischenfälle erreichten wir Chur, bloss das Wetter spielte nicht mehr so mit.

Auch am Sonntag wechselten Regen und Sonnenschein ab, kein Problem für unsere deutschen Gäste, die auf RhB-Meterspur in den sonnigen Süden nach Tirano fuhren, allerdings nicht ganz ohne technische Probleme bei einem Triebfahrzeug. Um die 01 202 abzudrehen, mussten wir die Schleife Sargans – Buchs benützen, was den Verein Dampffreunde der Rhätischen Bahn veranlasste, mit uns eine Dampfschnupperfahrt für Publikum zu organisieren. Die Öffentlichkeit sollte bereits ein wenig auf das am 28./29. Oktober 06 stattfindende Dampffestival (www.dampfvereinrhb.ch) eingestimmt werden (Mit der 01 202 ist eine öffentliche Fahrt von Lyss aus vorgesehen.

Wichtige Erkenntnisse für die Organisatoren des Dampffestivals brachte später am Nachmittag unsere Testfahrt in das Festivalgelände im Areal der Firma Holcim in Untervaz. Mit den Kurveradien dürfte es für die erwarteten Grosslokomotiven sehr eng werden…

Am Pfingstmontag führte die letzte Etappe von Chur nach Konstanz, wo wir den Zug der UEF in deutsche Hände übergaben. Nach dem Beladen mit Kohle in Mitten einer grossen Konstanzer Menschenmenge und anschliessendem Wasserfassen in Kreuzlingen ging es für uns als Lokzug auf den Heimweg über Schaffhausen – Jestetten (DE) – Lottstetten (DE) – Baden – Olten – Burgdorf nach Lyss.

Heiss kündigten sich die Fahrten 1. und 2. Juli 06 an. Hitze schon beim Anheizen am Freitag. Unbarmherzig brannte die Sonne auf den angeheizten Kessel, dessen Verschalungsbleche eine Oberflächentemperatur von über 120ºC erreichten, Armaturen am Kessel gegen 200ºC. Ca. 250 Personen starteten gut gelaunt 08.17 in Lyss nach Biel – Olten – Baden – Kloten – Winterthur – Bauma. Die hier bereitgestellte Schiebelok 10 des DVZO half die 22 ‰ –Rampe bis Gibswil überwinden. Als Video- und Fotoattraktion begleitete uns während der Ausfahrt Bauma als Parallelfahrt ein Dampfzug des DVZO. Gut verpflegt und reichlich bewirtet durch das Team unter Leitung von Edith Bösch und Christian Bitterli (Koch) erreichten unsere Gäste Rapperswil, wofür z.B. eine Stadtbesichtigung 2 Stunden Aufenthalt vorgesehen waren. Jemand hatte in einem Zeitungsartikel die 01 bereits angekündigt und so stellten wir die 01 während dieser Zeit für das Publikum zur Besichtigung bereit. Leider missachteten „Eisenbahnfans“ immer wieder die Sicherheitsvorschriften und überschritten fahrlässig die Gleisanlagen. Entlang dem Zürichsee, über Zürich-Altstetten – Baden – Olten – Biel kehrten wir fahrplanmässig nach Lyss zurück. Hier erreichte uns die Nachricht, dass wir im Raume Schinznach-Bad—Rupperswil Bahnbord-Brände verursacht haben sollen. Zwei Löschzüge und Feuerwehren hätten ausrücken müssen.

Bei Dampfbetrieb im Sommer können durch Funkenwurf Bahnbord-Brände entstehen, für uns eine ernstzunehmende Angelegenheit, aber für die Jahreszeit nicht aussergewöhnlich. Noch sahen wir uns nicht veranlasst nach technischen Mängeln zu suchen.

Die Fahrt mit dem Zug des Reisebüros Mittelthurgau am Sonntag, 2.Juli 06, von Zollikofen nach Lyss – Aarberg – Murten – Payern – Palézieux – Villneuve nahm dann allerdings in Palézieux ein unerwartetes Ende. Schon während der Fahrt wurden uns mehrere Bahnbord-Brände gemeldet, welche die Verantwortlichen der SBB veranlassten den Zug in Palézieux zu blockieren. Nichts ging mehr. Nach ca. einer Stunde tauchte ein Löschzug aus Lausanne auf, um die Brände zu löschen. Nach einer weiteren Stunde des Hin und Her beschlossen die Verantwortlichen der SBB, den Dampfzug bis Lausanne weiterfahren zu lassen, um dort die 01 abzuhängen, und den Zug allein mit dem elektrischen Triebfahrzeug De 4/4 nach Villeneuve fahren zu lassen. Der Löschzug folgte dem Dampfzug in einem Abstand von 5 – 10 Minuten. In Lausanne wurde Wasser gefasst, anschliessend kehrte die 01 als Lokzug über Neuchâtel nach Lyss zurück, gefolgt vom Löschzug. Immerhin, ganz umsonst war der Einsatz nicht, ein kleiner Bahnbord-Brand konnte rasch gelöscht werden. Zwischen Murten und Palézieux sah es im Nachhinein bei einer Besichtigungsfahrt wesentlich weniger dramatisch aus, als am Sonntag angenommen werden musste. Eine solche Häufung von Bränden durfte von unserer Seite nicht mehr dem Zufall angelastet werden. Nach eingehender Untersuchung der Feuerungseinrichtung mussten wir feststellen, auf Anhieb kaum sichtbar, dass die Aschekastenklappen so stark verbogen waren (siehe „Heissläufer“ Stein-Säckingen), dass grössere Kohlestücke durchrutschen und durch den Luftsog des Zuges links und rechts des Bahndammes als Ursache für Brände wirken konnten. Neue Klappen sind unterdessen montiert und was jahrelang ohne nennenswerte Schwierigkeiten funktionierte (Funkenwurf ist bei Dampflokomotiven nicht vollständig auszuschliessen, aber auch Zigarettenstummeln nicht….) wird auch weiterhin möglich sein.

PS: Absolut reibungslos und erfolgreich verlief die Fahrt am 2. September 06 ebenfalls mit Gästen des Reisebüros Mittelthurgau nach Villeneuve unter den Argusaugen des BAV, welches während zwei Tagen ein Audit unseres Vereins durchführte.